Dritter Tag

Posted Juli 11th, 2008 by Steff

Tag 3

Erholt und erstaunlich fit wache ich morgens auf. Ich hab zwar in der Nacht wieder mit der halbautomatischen Klimaanlage gekämpft, aber langsam hab ich den Dreh raus. Wir gehen beim Starbucks frühstücken, und zahlen zusammen nicht mehr als im Hotel pro Nase fällig gewesen wären. Währenddessen besprechen wir die Tagesplanung.
Mit der Bahn gehts nach Fukagawa, einem Stadtteil südlich des Sumo-Stadions. Wir wollen von hier aus Richtung Sumo-Stadion Sehenswürdigkeiten abklappern. Hier gibt es einige Schreine und Tempel zu sehen. Wir schlendern durch die Strassen und wundern uns über das Kleinstadt-Feeling; wirklich sehr relaxt hier.
Und dann passierts, kurz nach Schrein Nummer zwei: ich gucke nach rechts, laufe nach links, übersehe dadurch ein Loch und leg mich ordentlich auf die Fresse. Ich brauche ein paar Minuten, um den Schmerz wegzuatmen. Mein linker Fuss schwillt an und schmerzt heftig beim Auftreten. Ich könnt schreien vor Frust. Da flieg ich 10000 Kilometer um die Welt, und dann sowas. Und kein Micha da der mich tröstet. Wenigstens ist meine SLR heile geblieben, die hat ein paar Schrammen am Gehäuse aber sonst scheint sie okay zu sein.
Langsam, seeehr langsam gehts von nun an weiter. Ich haue mir Ibuprofen in die Rübe und hoppel hinter Bert her. Mein Rucksack wird immer schwerer.
Wir sind am Fukagawa-Edo-Museum angekommen, das wir beide unbedingt ansehen wollen. Vorher gehen wir aber erst mal zu Mittag essen, wir haben beide Hunger wie die Bären. Wir sind mutig und gehen in einen japanischen Laden. Er gibt sich etwas international und hat die Speisekarte französisch untertitelt, so dass wir schon mal grob wissen, was man hier bestellen kann. Der Laden ist klein, aber urgemütlich. Die Kellnerin überschlägt sich fast vor Hilfsbereitschaft und lacht Tränen, als wir mit Gesten und Geräuschen Zutatenraten spielen. Wir sitzen an einem Holztisch mit Feuerstelle in der Mitte. Das Essen hier ist super. Gestärkt verlassen wir den Laden und gehen rüber zum Museum.
Das Museum lässt mich meine kaputten Treter schon fast vergessen. Hier wurde ein kleines Viertel aus der Edo-Zeit im Keller des Museums nachgebaut. Man darf alles anfassen und ausprobieren, was nicht nur wir sondern auch die Japaner die das Museum besuchen gern und ausgiebig tun. Die Gebäude sind auch innen sehr liebevoll gestaltet. Berts Lieblingswort hierzu lautet „detailverliebt“. Das trifft durchaus zu. Der Rest des Museums ist für uns nicht so interessant, da es keine englischen Texte gibt. Wir gucken noch ein wenig und machen uns dann auf zur Bahnstation; wir wollen zum Sumo.
Als wir endlich am Station ankommen, sind wir verwirrt. Warum stehen die Leute draussen an? Sind die Schlangen so lang?! Das können wir uns nicht vorstellen, die Kämpfe gehen schon morgens los und man hat uns gesagt das dauert bis neun Uhr abends … Wir fragen einen Ordner, doch der versteht wohl nicht was wir wollen, er winkt uns weiter … der Eingang wäre da hinten … aber warum stehen die dann an? Dann fällt endlich der Groschen. Hier ist der Ausgang der Sumo, die fertig sind! Unter Jubelrufen verlassen sie zu Fuss das Station, gekleidet in einen Hawaii-Bademantel, Schlappen, und meist mit nem Stoffbeutel als Handtasche. Wir stellen uns brav hinter die Absperrung und schiessen ein paar Fotos. Dann gehen wir ins Station.
Hier müssen wir erfahren, dass wir schon beinahe zu spät sind, die letzten Kämpfe haben schon begonnen! Wir beeilen uns, auf unsere Plätze zu kommen. Offensichtlich haben wir die Frau am Ticketverkauf nicht richtig verstanden … Wir finden unsere Plätze und sind begeistert. Die Athmosphäre im Station ist unglaublich. Senioren und Kinder brüllen um die Wette, so scheint es. Die Menschen feuern die Kämpfer an. Man kann den Ring von so weit oben erstaunlich gut sehen. Die Ausleuchtung ist prima, und man hat nicht das Gefühl, zu weit weg zu sein. Die Sumo machen es spannend und heizen die Menge durch geplante Fehlstarts immer wieder an. Erst wenn die Leute richtig engagiert jubeln und rufen gehts richtig los.
Manche Kämpfe sind eine Sache von Sekunden. Es ist lustig die bekannten Gesichter aus dem Fernsehen jetzt zum Greifen nah vor sich zu sehen. Wir haben Glück und sehen noch einige Kämpfe, doch dann ists endgültig vorbei. Die Japaner stürmen nach draussen, um ihren Helden beim Verlassen des Stadions zuzujubeln. Wir lassens entspannter angehen und besuchen den Souvenier Laden bevor es zur Bahnstation geht. Inzwischen ist es dunkel geworden, obwohls grad mal sechs Uhr sind. An der Bahnhaltestelle sehen wir zu unserer überraschung einige Sumo, die ganz normal am Ticketautomaten anstehen und sich zwischendurch fotografieren lassen. Ich nutze die Chance und lass mich mit einem der Kämpfer knipsen. Coooool! Ich freu mich! Bin lahm, aber happy!
Dann gehts wieder zum Hotel, ich kann echt nicht mehr laufen. Anja kommt mit ihrem eingelaufenen Laptop vorbei, und guckt mit mir die Bilder durch. Ich will sicher gehen, dass die Kamera nicht doch noch was abbekommen hat. Aber es scheint nicht der Fall zu sein. Anja schreibt mir noch auf, was Apotheke und Ibuprofen auf Japanisch heisst, damit ich mir am nächsten Tag schmerzstillende Pflaster für meinen Fuss kaufen kann. Dann ists irgendwann zehn Uhr abends, und ein langer Tag hat ein Ende.

Leave a Reply

XHTML: You can use these tags: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>