Tag 3
Die Nacht war wieder mal dürftig. Irgendwann um Mitternacht rum fingen die Villaleute an, ein Bett aus dem Nachbarzimmer in einen anderen Raum umzuräumen. Und auch ansonsten war wieder ziemliches Remmidemmi angesagt. Um 4 hat irgendein Besoffener Sturm geklingelt …
So langsam fragen wir uns beide, was die anderen an der Villa so toll fanden. Wir haben unser erstes Toast nicht gegessen als wir gefragt werden, wann wir endlich auschecken. Da ist es grad mal halb neun. Die haben doch echt einen an der Waffel. Scheinbar haben die Villaleute irgendwelche Kumpel zu Besuch bekommen (und mit denen gezecht, weil der Mensch ziemlich verwuschelt im Schlafanzug rumrennt), für die sie jetzt dringend Platz brauchen.
Nix wie weg hier. Vorher geht’s aber zu Fuss erst noch zum Vigelandspark. Schlechte Idee. Kurz vor den Toren übersehe ich einen Bordstein und lege mich satt auf die Fresse. Zum Glück hat meine allerliebste Canon nix abbekommen. Mein Stolz allerdings ne Menge.
Der Park ist übervoll mit Touristen aus aller Herren Länder. Das ist ziemlich entnervend so früh am Morgen. Irgendwie kommt man da nicht recht in Stimmung, sich irgendwas in Ruhe anzusehen. Wie denn auch, wenn von links Französisch und von rechts Japanisch geplärrt wird.
Recht zügig arbeiten wir den Park ab und beschliessen auch den Holmenkollen ausfallen zu lassen, weil da bestimmt noch mehr Busladungen voller Touristen angekarrt werden. Ist zwar schade drum, aber wir haben die Schnauze voll von Touristen und Beton und wollen wieder Natur sehen.
Also geht’s ab auf die E18 Richtung Drammen. Danach halten wir uns Richtung Kongsberg und folgen dem Fluss der da langfliesst. Die Gegend ist schön, aber leider immer wieder durch den Menschen verschandelt … Hänge, auf denen alle Bäume gefällt wurden, haufenweise Strommasten, Halden voller Schutt, Steine, Schotter … Baufahrzeuge, Holzstapel … immer wieder das gleiche Bild. Das versaut einem oft das Fotomotiv.
Zwischendurch jedoch kräht einer von uns sowas wie „Boah, guck mal!“, und dann wird die Handbremse gezogen und gewendet. Wir sehen immer wieder Wasserfälle, Stromschnellen, Schluchten … leider kann man nicht überall anhalten. Oft sehen wir an der Strasse integriert in moderne Höfe diese mittelalterlichen Speicher auf Stelzen. Sehr schicke Sache das ist.
In Rollag halten wir an einer hübschen Stabkirche. Die kleine Kirche ist in einem sehr guten Zustand. Leider ist abgeschlossen, so dass wir nicht rein können. Aber auch von aussen ist es lohnend, sich hier ein wenig aufzuhalten. Die Kirche liegt an einem Hang, umgeben von einem kleinen Friedhof. ältere und neue Gräber mischen sich hier.
Danach geht es weiter durch das Numedal. In Rodberg halten wir und essen was zu Mittag. Nun brechen wir zur letzten Tagesetappe auf: wir wollen bis nach Gol.
Immer höher windet sich die Strasse nach Nesbyen, und irgendwann hat uns das Nichts verschluckt. Man fühlt sich ein wenig wie in einem endlos Daumenkino. Die Landschaft ist immer gleich; krautige Wälder, mit irgendeinem weiss/grün/gelblichen Zeugs überzögen, Geröll und Steine am Wegesrand, hie und da mal ein Haus … das geht ne ganze Weile so. Zwei bekloppte einsame Radfahrer kommen uns mit Satteltaschen bepackt entgegen. Wie bekloppt die wirklich sind erfahren wir circa 10 Minuten später: ein fetter Eisklumpen klebt am Strassenrand und wir halten an um ihn zu knipsen … und holen erst mal tief Luft: hier ist es schweinekalt!! Mehr wie 5 Grad sind das bestimmt nicht! Locker 10 Grad Temperaturunterschied zu Oslo!
Micha leckt fürs Foto am Eisblock und pinkelt in den Fluss und weiter geht’s.
Abends kommen wir in Gol an und organisieren uns ein Hotelzimmer. Na ja eigentlich ein mit ca. 40 € pro Person ziemlich erschwingliches Motelzimmer. In einer dieser Hyttas die es immer wieder gibt wollen wir auch mal nächtigen; das werden wir uns aber für ein anderes Mal aufheben, da in Gol selbst nur ein fetter Massencampingplatz ist und das muss ja auch nicht sein. Kurzer Zwischenstopp im Lidl und dann erst mal ne Tasse Kaffee trinken. Gol an sich ist zwar ne grössere Stadt, trotzdem sind hier um 17:00 fast alle Läden dicht. Leider auch die Apotheke, denn mein Fuss tut immer noch ziemlich weh. So kann ich doch keine Meteoritenkrater erwandern … *grummel*
Auf dem Motelparkplatz treffen wir holländische Biker wieder (eine Bandit, zwei Harleys), die wir zuvor schon irgendwo vor Rödberg getroffen haben. Sie wollen weiter Richtung Lillehammer auf ein Harleytreffen.
Beim Kiwi holen wir noch was Lufterfrischer, da das Motelzimmer lange leer gestanden haben muss und entsprechend ein bisschen müffelt. Wir gehen noch ne Runde durchs Dorf und dann auch recht bald schlafen.