Tag 1
Es ist halb neun morgens. Aufgeregt und total k.o. packen wir unsere Siebensachen und verlassen den Flieger. Ewig warten wir, bis wir endlich unsere Pässe zeigen und zum Gepäcklaufband gehen können. Hm, wo sind denn die Koffer? Warum hat dieser grosse silberne Koffer ein Schild vorn drangepappt? Warum steht da drauf, dass wir uns beim Air France Schalter melden müssen?!
Aaaargh! Man hat unsere Koffer verschlampt! Dabei hatte ich mich so auf frische Klamotten gefreut!
Zerknirschte Air France Mitarbeiter versichern, dass die Koffer noch heute nach nachkommen, und nehmen unsere Daten auf. Horrorszenarien von einer Woche Tokyo in ein und derselben Unterhose gehen mir durch den Kopf. Hier krieg ich unmöglich Klamotten in die ich reinpasse! Na, wollen wir mal das Beste hoffen …
Schon jetzt merken wir, dass es verdammt warm ist. Wir holen uns Lokalwährung und dann erst mal was zu trinken. Bert probt sein Japanisch und stellt dabei fest, dass seine Stimme fast weg ist. Am Kiosk gibts Tintenfischbeine in Tüten. Mh, lecker …
Am Schalter kaufen wir uns Tickets im Bummelzug nach Tokyo Station. Schliesslich haben wir ja Zeit. Der Zug wartet noch eine Weile bis er dann fährt. Uns fällt sofort das Fehlen jeglicher Graffitis, Kaugummis in Sitzen, Kratzereien in Scheiben, und anderer Randalierereien auf. Und das obwohl die U-Bahn offensichtlich schon älter ist. Zudem wird sie grad geputzt und ist blitzeblank … seeeeehr seltsam.
Wir fahren übers Land nach Tokyo, vorbei an Vororten, kleinen Bambuswäldchen, durch Industriegebiete und Wohnviertel. Je näher wir Tokyo kommen, umso voller wird der Zug. Interessiert beobachten wir die Eingeborenen … entweder man pennt oder man daddelt am Handy. Selten liest mal einer was. Die Bahn ist klimatisiert und ich würd am liebsten drin bleiben.
An der Tokyo Station angekommen, fäng die grosse Sucherei an. Wie funktioniert das hier alles?! Wo müssen wir hin? Wir wollen nach Awajicho … aber wir haben keine Ahnung wo wir die Tickets und den Eingang der U-Bahnstation finden. Nach einiger Umherirrerei und mehreren hilfreichen Japanern die uns verwirrendes Zeug „erklärt“ haben, ist es vollbracht. Der Rest ist ein Kinderspiel.
Erschöpft kommen wir am Hotel an. Ich bin total durchgeschwitzt. Die paar Meter von der Bahn bis hierher waren anstrengend. Es sind 33 Grad; im Schatten. Und verdammt schwül dazu. Man eröffnet uns, dass wir erst in zwei einhalb Stunden, also um 15:00, auf die Zimmer dürfen. Wir jammern und verziehen das Gesicht als wir an uns schnüffeln um klar zu machen, dass wir SOFORT ne Dusche brauchen. Man hat Mitleid, und lässt die Putzelfen zwei Räume klar machen. Nach einer Viertelstunde werden wir eingelassen.
Frisch geduscht aber in den alten stinkenden Klamotten machen wir uns auf den Weg zu dem Geschäft, in dem ich Kamerazubehör bestellt hatte. Wir sehen das erste Mal das „Ding-Dong“ Viertel (überall sind irgendwelche Elektro-Sounds aus Spieleautomaten und Werbedurchsagen zu hören). Akihabara, Electric City. Lötkolben und Ufo-Catcher (diese Maschinen wo man mit Greifarmen was angeln kann).
Hungrig sind wir. Und zu müde für Experimente. Also gehen wir eine Pizza essen, und sind angenehm überrascht, denn es ist total preiswert: 7 Euro pro Person, mit Süppchen und Getränk und Wasser gratis. Wir machen ein wenig Pause und lassen die Eingeborenen auf uns wirken.
Wir wandern und wandern und als wir beide kurz vorm Exitus sind, sind wir endlich da. Meine Füsse brüllen und ich merke, dass ich mir Blasen gelaufen hab. Ich kaufe meinen Kram, mit Händen und Füssen, eine echte Herausforderung: ich verjetlagged und mit ohne Japanisch-Kenntnissen, der Verkäufer kann kein Englisch, das ist ne interessante Unterhaltung … Irgendwie klappts dann doch.
Es ist 15:00 Uhr. Das Wetter macht mich fertig, auch Bert hält sich kaum noch auf den Beinen. Kurz bevor es mich auf den heissen Asphalt knockt finden wir ein Taxi. Wir fahren zurück zum Hotel und winken mit der weissen Fahne … wir haben fertig. Ich gehe duschen und dann ins Bett. Ich will meinen Koffer!!!
Als es kurz nach sechs ist, wache ich auf. Ich beschliesse, noch ne Runde spazieren zu gehen, um mich ans Wetter zu gewöhnen und mich müde für die Nacht zu kriegen. Die Hotelleute erklären mir wo das nächste Internet Cafe ist. Als ich das Hotel verlassen, stelle ich mit erschrecken fest, dass es stockdunkel ist! Erst denke ich, dass ich einen an der Waffel hab; aber es ist wirklich nicht mal sieben Uhr abends; und zappenduster.
Ich wandere durch die dunkeln Strassen zum Internetcafe, babble was von „Internet“ und werde an nen Rechner gesetzt. Geschockt lese ich die Wettervorhersagen für die nächsten Tage; 33 Grad und ne Luftfeuchte jenseits von Gut und Böse erwartet uns. Ich schreib meine Mail und wandere über ein paar Umwege zurück, müde bin ich jetzt wo es kühler geworden ist nicht mehr. In einem 7/11 kaufe ich mir ne Instant „Cup-of-Noodles“ Bechernudelsuppe.
Im Hotel mach ich mir die Nudeln warm und zähle die Blasen unter meinen Füssen. Dann amüsiere ich mich mit japanischem Fernsehen. Um 22 Uhr abends schrecke ich auf, als das Telefon klingelt: unsere Koffer sind da!
Erster Tag: Happy End.